Ein gepflegter und ansehnlicher Außenbereich ist der Stolz jedes Grundstücksbesitzers. Ganz egal, ob es sich um einen Garten, eine Einfahrt oder eine Sitzecke handelt, Unkraut wird in der Regel als störend empfunden und konsequent beseitigt. Das Zupfen, Schneiden und Ausgraben kann ganz schön langwierig und anstrengend sein, und oft tun anschließend die Muskeln und Gelenke weh.
Umso ärgerlicher ist es, wenn sich die mühsame Arbeit quasi verdoppelt, weil der Nachbar das Unkraut von seinem eigenen Grundstück einfach durch den Zaun wachsen lässt. Darf er das überhaupt? Müssen das fleißige Hobbygärtner einfach so hinnehmen? Und wenn nein, was kann beziehungsweise sollte man tun?
Was tun, wenn das Unkraut vom Nachbarn durch den Zaun wächst?
Oft lässt sich das Problem schon durch ein freundliches Gespräch mit dem Nachbarn lösen. Vielleicht bei einem Plausch am Gartenzaun oder in entspannter Atmosphäre beim gemeinsamen Grillen. Möglicherweise hat der Nachbar ja noch gar nicht bemerkt, dass sich sein Unkraut über die Grundstücksgrenze hinaus ausbreitet. Falls doch, ist er sich eventuell auch gar nicht bewusst, dass Löwenzahn, Giersch, Brennnesseln und Co. nicht bei jedem willkommen sind. Man sollte ihn also zunächst darum bitten, das Unkraut an seinem Zaun regelmäßig zu entfernen, und das selbstverständlich in einem ruhigen und höflichen Ton ohne Vorwürfe.

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Viele sind anschließend tatsächlich einsichtig und halten die Grundstücksgrenze unkrautfrei. Was aber, wenn der Nachbar auf stur schaltet und sich noch Wochen später ohne plausible Begründung nichts getan hat? Wenn selbst ein zweites oder drittes Gespräch nichts bringt? Dann sollten Grundstücksbesitzer die optische Beeinträchtigung detailliert und penibel dokumentieren. Eine Art „Tagebuch“ mit Fotos und schriftlichen Aufzeichnungen innerhalb einer längeren Zeitspanne bietet sich am besten an. Es hilft dabei, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen und sie objektiv zu betrachten. Außerdem dient das Tagebuch später als Beweismittel, falls sich die Parteien irgendwann vor Gericht treffen.
Rechtliche Unterstützung suchen
Geschieht seitens des Nachbarn weiterhin nichts, haben Grundstücksbesitzer die Möglichkeit, einen Anwalt zu konsultieren und sich beraten zu lassen. Dieser erklärt, wie in diesem Fall vorgegangen werden kann, welche Rechte der Mandant hat und wie die nächsten Schritte aussehen. Infrage könnten etwa folgende Gesetze kommen:
- Selbsthilferecht / Paragraf 910 BGB: Der Grundstücksbesitzer darf überhängende Pflanzen, aber auch Zweige und Wurzeln von Bäumen, die sich auf seinem Grundstück befinden, selbst beseitigen.
- Wesentliche Beeinträchtigung / Paragraf 906 BGB: Wird die Nutzung des Grundstücks durch das wuchernde Unkraut wesentlich beeinträchtigt, kann der Besitzer eine Beseitigung verlangen.
- Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch / Paragraf 1004 BGB: Grundstücksbesitzer haben das Recht, uneinsichtige Nachbarn zur Beseitigung aufzufordern.
Welches Gesetz in welchem Fall zur Anwendung kommt, kann aber nur ein Anwalt entscheiden.

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So geht es weiter
In der Regel raten Anwälte ihren Mandanten, dem Nachbarn zunächst eine schriftliche Aufforderung zur Beseitigung des störenden Unkrauts zukommen zu lassen. Diese muss eine angemessene Frist enthalten. Zwei bis drei Wochen sind hier gute Richtwerte. Nun kommt es auf die Reaktion des Nachbarn an. Fast immer zeigt eine solche Aufforderung die gewünschte Wirkung, das heißt, der Nachbar wird innerhalb der Frist damit beginnen, das Unkraut zu entfernen. So erspart er sich schließlich selbst weitere und deutlich unangenehmere Folgen.
Reagiert er nicht, wird der Anwalt rechtliche Schritte einleiten. Drastischstes Mittel ist das Einreichen einer Klage auf Beseitigung der Beeinträchtigung. In diesem Fall würde das Gericht den Nachbarn zum Entfernen des Unkrauts verpflichten. Als Alternative könnte auch eine außergerichtliche Mediation in Erwägung gezogen werden. Dabei versucht eine neutrale dritte Person, zwischen den Parteien zu vermitteln und eine einvernehmliche Lösung zu finden. Nach der Mediation wird meist eine Vereinbarung aufgesetzt, über deren Inhalt die Parteien frei bestimmen können.
Weitere Möglichkeit: Die Selbsthilfe
Entfernt der Nachbar das Unkraut trotz Aufforderung nicht, kann der Grundstücksbesitzer auch selbst Hand an den wuchernden Pflänzchen an seinem Zaun anlegen. Dafür gibt es im Handel verschiedene Gartenwerkzeuge: Unkrautstecher beispielsweise, Unkrauthacken, aber auch Fugenbürsten, falls sich die Pflänzchen durch Gartenwege und Terrassenplatten gekämpft haben. Die „Chemiekeule“ sollte unserer Umwelt und der Natur zuliebe nach Möglichkeit nicht eingesetzt werden. Das Gleiche gilt für die vermeintlichen Hausmittelchen Salz und Essig, da sie dem Boden massiv schaden.

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Stattdessen sind Versuche mit kochend heißem Wasser und Brennnesselsud sinnvoll und oft sehr effektiv. Auf Terrassenflächen kann auch ein Hochdruckreiniger zum Einsatz kommen. Er „spritzt“ das Unkraut mit hohem Druck einfach weg. Die Wurzeln werden dadurch jedoch nicht beseitigt, das heißt, das Unkraut kommt früher oder später wieder.
Was ist mit Samenflug vom Nachbargrundstück?
Wächst das Unkraut vom Nachbarn zwar nicht durch den Zaun, verbreitet es sich auf dem Grundstück aber durch Samenflug, lässt sich in vielen Fällen nicht viel ausrichten. Die Verbreitung muss in einem „ortsüblichen“ Maß hingenommen werden. Selbst für verwilderte Gärten ergibt sich nur in Ausnahmefällen ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch. Eine solche Ausnahme wäre beispielsweise Ambrosia. Die Pflanze breitet sich extrem stark aus und kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen, da ihre Pollen starke allergische Reaktionen, Asthmaanfälle, Atemnot sowie Kontaktekzeme auslösen.